Schäfer, B.

Tabak und sein Hauptalkaloid Nicotin haben eine große kulturgeschichtliche Bedeutung. In erster Linie diente er dem menschlichen Konsum. Nicotin war aber auch eines der ersten Insektizide, das in der Landwirtschaft schon seit Ende des 19. Jahrhunderts mit großem Erfolg eingesetzt wurde. Die Biogenese des hoch toxischen Alkaloids leitet sich von verschiedenen Aminosäuren ab. Mit Nicotin sind eine Reihe anderer Naturstoffe, wie Anabasin, Epibatidin, Cytisin und Anatoxin A verwandt, die eine vergleichbare Pharmakologie besitzen. Seit der Strukturaufklärung von Nicotin durch Adolf Pinner und Paul Karrer wurden mehrere elegante Synthesen des racemischen und enantiomerenreinen Naturstoffs publiziert.

Roth, K.

Nach der Entdeckung des Harnstoffzyklus im Jahr 1932 stieg die wissenschaftliche Reputation von Hans Adolf Krebs (1900–1981). Gleichzeitig zerfielen alle moralischen Werte einer demokratischen Gesellschaft durch den Aufstieg des Hitler-Regimes und seinem Rassenwahn. Der Vergleich zwischen Labortagebüchern, persönlichen Briefwechseln, seiner Autobiographie und Erinnerungsstücken gibt Hinweise, wie es einem 32-jährigen Wissenschaftler ergangen sein muss, der sich durch persönlichen und politischen Druck des Nazi-Deutschlands gezwungen sah, sein Heimatland zu verlassen.

Schreiner, B.

Solange unsere Industriegesellschaft auf der Verwertung fossiler Energie- und Rohstoffressourcen basiert, bleibt die Entschwefelung im Rahmen der Verwertung von Erdöl, Erdgas und Kohle insbesondere unter Umweltgesichtspunkten von zentralem Interesse. Einen sehr wichtigen Beitrag hierzu leistet die Gewinnung von Schwefel aus H2S-reichen Gasen. Diese erfolgt vornehmlich unter Anwendung des Claus-Prozesses, dessen Bedeutung schon seit Jahrzehnten immer weiter zunimmt und der die Gewinnung von mineralischem Naturschwefel als Basis-Chemikalie weitgehend verdrängt hat.

Albrecht, S., & brandl, H.

Gut sichtbare Chemilumineszenzexperimente aus der rein anorganischen Chemie sind vergleichsweise rar. Außer den oft und ausführlich beschriebenen Reaktionen des farblosen Phosphors dürften lediglich noch die chemilumineszenten Oxidationen von Wöhlerschem Siloxen und die Chemilumineszenzerscheinungen des Singulettsauerstoffs allgemein bekannt sein. Die hier beschriebenen anorganischen Chemilumineszenzexperimente greifen andere gut bekannte rein anorganische Reaktionen auf und demonstrieren deren sehr gute Sichtbarkeit auch als Vorlesungsversuch. Berücksichtigt werden dabei insbesondere Reaktionen der Halogene, der Erdalkalielemente, des Ammoniaks und des Mangans.

Tuckermann, R., & Bauerecker, S.

Der Kaltgasfalleneffekt ermöglicht den Einfang von kalten (bzw. schweren) Gasen und Aerosolen in starken, stehenden Ultraschallfeldern. Der Effekt kann mit klassischen akustischen Prinzipien verstanden werden. Man kann ihn kontrolliert nutzen, um Temperaturen bis zu –100 °C in den Bereichen der Druckknoten eines stehenden Ultraschallfeldes (und somit in der unmittelbaren Umgebung einer levitierten Probe) zu erzeugen. Diese Kaltgas- und Aerosolfallen werden hier mit einem besonders leistungsstarken Levitator generiert. In ihnen lassen sich beispielsweise die Bildung und das Wachstum von Eis- und Schneepartikeln aus primärem Eisaerosol untersuchen, ebenso wie Gefrier- und Schmelzprozesse an einzelnen berührungsfrei levitierten Wassertropfen. Mit Hilfe von Hochgeschwindigkeitskameras (VIS, IR) lässt sich die schnelle erste Stufe der Eisbildung an schwebenden unterkühlten Tropfen erforschen.

Schäfer, B.

Die cholinerge Synapse ist ein attraktives Angriffsziel einer Fülle hochselektiver Insektizide. Nicotin und die Neonicotinoide wirken an dem postsynaptischen nicotinergen Acetylcholin-Rezeptor. Die Neonicotinoide sind nicht das Ergebnis einer stringenten Weiterentwicklung der Naturstoffe Nicotin und Epibatidin, sondern leiten sich von den synthetischen Nitro-substituierten Ketenaminalen ab. Sie zählen heute zu den bedeutendsten Insektiziden auf dem Pflanzenschutzmarkt, für die eine Reihe eleganter Synthesen entwickelt wurden.

Schäffner, B., Verevkin, S., & Börner, A.

Organische Carbonate (acylische und cyclische Kohlensäureester) sind schwer flüchtige, polare Lösungsmittel, welche sich durch ihre geringe Toxizität auszeichnen. Durch geschickte Wahl der Alkohole für die Estersynthese können die physikalischen Eigenschaften der resultierenden Carbonate stark beeinflusst werden. Ihr Einsatz ist in der Batterietechnik, Erdgasaufbereitung und Kosmetik weit verbreitet. In verschiedenen übergangsmetallkatalysierten Reaktionen beweist insbesondere Propylencarbonat (PC) hervorragende Lösungsmitteleigenschaften und ermöglicht aufgrund seines polaren Charakters die Reaktionsführung in Zweiphasensystemen unter Verwendung eines unpolaren zweiten Lösungsmittels. Dies ist eine Grundvoraussetzung zum Einsatz in kontinuierlichen Prozessen und zur Verringerung der Katalysatormengen.

Boeck, G.

Julius Adolph Stöckhardt, der den damals üblichen Weg vom Apotheker zum Chemiker ging, hat auf vielen Gebieten seine Spuren hinterlassen. Der Wegweiser seines Handelns war die Anwendbarkeit der chemischen Kenntnisse in der Praxis. Stöckhardt war einer der wichtigsten Popularisatoren der Agrikulturchemie, auf sein Bemühen geht im Wesentlichen die Gründung der landwirtschaftlichen Versuchsstationen zurück. Er hat sich mit Rauchgasen und Folgen für den Forst, mit der Giftigkeit von Farben auseinandergesetzt, zahllose analytische Untersuchungen – auch von Gesteinen – vorgenommen, über Methoden eines guten naturwissenschaftlichen Unterrichts nachgedacht und die Anerkennung der Chemie als allgemeines Bildungsmittel angestrebt. Im Andenken an diesen Gelehrten tragen heute das 1885 an der Forstakademie Tharandt erbaute, nun zur TU Dresden Fakultät für Forst-, Geo- und Hydrowissenschaften gehörende Labor, der Chemnitzer Förderklub für chemieinteressierte Schülerinnen und Schüler, ein Chemiewettbewerb und ein jährlich an der Technischen Universität Chemnitz durchgeführtes Kolloquium zu Fragen der Umweltchemie seinen Namen.

Reich, G., & Taeger, T.

Seine einmaligen Werkstoffeigenschaften verdankt Leder dem Aufbau aus dem strukturell und chemisch so ideal vorgebildeten Kollagen. In den einzelnen Technologiestufen der Lederherstellung wird das Kollagen je nach Einsatzgebiet maßgeschneidert modifiziert durch Anwendung einer breiten Palette an Lederchemikalien. Die wichtigsten hier vorzustellen, war Anliegen dieses Beitrags. Leder steht nach wie vor in der Gunst der Verbraucher. Hergestellt aus einem nachwachsenden, an die menschliche Ernährung gekoppelten Rohstoff, brauchen wir keine Lederverknappung zu befürchten. Seine stetige Weiterentwicklung durch neue Lederchemikalien ist zu erwarten. “Leder ist ein alter Werkstoff mit Zukunft”!

Streller, S.

Obwohl der Skorbut die Menschheit von Anbeginn begleitet hat, wurde er erst im 16. Jahrhundert als Krankheit erkannt und es schloss sich eine Jahrhunderte andauernde Aneinanderreihung von kleinen Fortschritten und verpassten Chancen an. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts identifizierten Wissenschaftler mit Hilfe von Meerschweinchen als Versuchstieren den Skorbut als eine Form von Mangelernährung. Dann begann ein spannender Wettlauf um die Isolierung, Strukturaufklärung und Synthese des Vitamin C. Heute ermöglicht die industrielle Vitamin-C-Synthese eine preiswerte Versorgung von jedermann. Diese Erfolgsgeschichte der modernen Chemie hat dafür gesorgt, dass der Skorbut aus unserem Leben nahezu vollständig verschwunden ist.